Autor: kieselsteinchen

  • Das neue Narrativ der Märtyrer: Wie die Medien zum Werkzeug wurden

    Berlin, 2026. Die Kommunalwahl in NRW ist vorbei, und das Ergebnis der AfD ist besser als erwartet. Kurz danach postet Alice Weidel in den sozialen Medien eine knappe, scheinbar unschuldige Botschaft. Sie drückt ihr tiefes Bedauern über den Verlust von vier „mutigen Kämpfern“ der Partei aus, die während des Wahlkampfes verstorben sind. Dazu ein schlichtes, aber emotionales Bild. Keine weiteren Details, keine Anschuldigungen.

    Die etablierten Medien — von der Welt“ bis zu ntv und den großen Online-Portalen — wittern eine Geschichte. Sie greifen das Thema auf. Ihre Schlagzeilen lauten: „Vier AfD-Kandidaten verstorben: Partei trauert“, „AfD verliert vier Kandidaten im Wahlkampf“. Die Artikel betonen die Seltenheit der Todesfälle in einer einzigen Partei, obwohl sie wissen, dass insgesamt 18 Kandidaten aus verschiedenen Parteien verstorben sind. Aber die Botschaft der AfD ist emotional und neu, die anderen Tode nicht. Es gibt keine Geschichte, aber die Medien schaffen eine.

    Die AfD-Führung muss nichts weiter tun. Die traditionellen Medien liefern die Inhalte, die auf Social Media millionenfach geteilt werden. Das Narrativ der „vier gefallenen Helden“ und der Opferrolle, das die AfD so dringend benötigt, um ihre Anhänger zu mobilisieren, wird nicht von der Partei selbst, sondern von ihren Gegnern verbreitet. Der Algorithmus der Suchmaschinen belohnt die massive Berichterstattung der großen Medien mit Top-Platzierungen. So wird die erfundene Geschichte zum Top-Suchergebnis.


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  • Für die Doofen – Amnestie

    Diese Geschichte über das Jahr 2030 ist eine fast exakte Spiegelung der rechtlichen und politischen Entwicklungen nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im Jahr 1933.

    Das Beispiel von Marla-Svenja Liebich, die ihre Haftstrafen nicht antreten muss und amnestiert wird, findet seine historische Entsprechung im Fall des Journalisten Thein, der 1938 von einer „Führeramnestie“ für ein politisches Delikt begnadigt wurde. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs.

    Die NSDAP nutzte in den frühen Jahren ihrer Herrschaft zahlreiche „Gnadenerlasse“, um Anhänger, die in der Weimarer Republik wegen Propagandavergehen, Beleidigungen oder kleinerer politischer Straftaten verurteilt worden waren, nachträglich zu begnadigen. Das Ziel war nicht nur, die eigene Basis zu belohnen, sondern auch, der Bevölkerung zu signalisieren, dass ein neues, „gerechteres“ Rechtssystem galt, in dem die Taten der „Volkskämpfer“ nicht mehr als Unrecht betrachtet wurden.

    Der Fall von Tillessen und Schulz, die 1921 den damaligen Finanzminister Matthias Erzberger ermordeten und ins Ausland flüchteten, zeigt eine noch extremere Form der Straflosigkeit. Sie lebten jahrelang unbehelligt, weil Ungarn eine Auslieferung ablehnte – ein Zeichen der fehlenden internationalen Kooperation gegen den Rechtsterrorismus. Als Tillessen 1933 nach Deutschland zurückkehrte, wurde er nicht nur nicht verhaftet, sondern wie ein Held gefeiert.

    Beide Fälle verdeutlichen, wie ein Staat, der seine demokratische und rechtsstaatliche Verfassung aufgibt, nicht nur die Gesetze für die Zukunft ändert, sondern auch die Vergangenheit umschreibt und die Verbrechen seiner politischen Verbündeten nachträglich als rechtmäßig erklärt.

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  • Versöhnung oder Rechtsbruch? Die Große Amnestie 2030

    Berlin, 2030. In einer am Dienstagmorgen überraschend einberufenen Pressekonferenz hat die neue Bundesregierung eine „Nationale Versöhnungsamnestie“ angekündigt. Sie soll „einen Schlussstrich unter die politische Polarisierung der letzten Jahre ziehen und eine neue Ära des Zusammenhalts einläuten.“

    Zu den prominentesten Begünstigten der Amnestie zählt die Aktivistin Marla-Svenja Liebich. Die 59-Jährige, die sich selbst als Kämpferin gegen das „verrottete System“ sieht, wurde in den vergangenen Jahren in über zwanzig Fällen wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Nötigung verurteilt. Die Strafen reichten von Geldstrafen bis zu mehrfachen Haftstrafen, die jedoch nie angetreten wurden, da Liebich sich den Behörden stets entzog. Nach einer spektakulären Flucht über die tschechische Grenze im Jahr 2025 lebte sie bis vor Kurzem im Ausland. Ihr kürzlich vollzogener Geschlechtseintrag wurde in der Szene als letzte Provokation des „alten Regimes“ interpretiert, bevor der „neue Staat“ die Macht übernahm.

    Mit der Amnestie werden nun alle unanfechtbaren Strafen, die aus politisch motivierten Äußerungen und Handlungen der vergangenen zehn Jahre resultieren, offiziell aufgehoben. Die Bundesregierung nannte die Begnadigung einen „Akt der nationalen Einheit“, der es ermöglichen soll, „sich von den Fesseln der Vergangenheit zu befreien.“

    Die Reaktionen sind heftig. Die Opposition spricht von einem „Sieg der Straflosigkeit über den Rechtsstaat“. Für viele Menschen, die sich jahrelang für Demokratie und Zivilgesellschaft eingesetzt hatten, ist die Amnestie ein Schlag ins Gesicht. Das Gefühl, dass das „alte System“ nicht in der Lage war, Personen wie Liebich zur Rechenschaft zu ziehen, wird nun durch einen staatlichen Akt der Begnadigung bestätigt und legitimiert.


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  • Für die Doofen – Feme

    Der vorige beschriebene Fall ist eine direkte Adaption der Fememorde in der Weimarer Republik, die am 9. September 1925 von der Berliner Polizei öffentlich gemacht wurden. Die Organisation Consul“, die Schwarze Reichswehr“ und der Bund Wiking“ verübten damals Morde an „Verrätern“ in den eigenen Reihen. Die Morde wurden nach Scheinprozessen in abgelegenen Wäldern vollstreckt. Auch damals waren Reichswehroffiziere involviert, und die Urteile in den folgenden Prozessen waren oft milde.

    Die Ähnlichkeiten in der Argumentation der Täter und deren Unterstützer sind frappierend: Die Morde wurden nicht als Verbrechen verstanden, sondern als heldenhafter Kampf gegen ein verhasstes System. Die damalige Republik, so wie die Bundesrepublik heute, stand vor der Herausforderung, sich gegen einen Untergrundterror zu verteidigen, der von Teilen der Gesellschaft geduldet oder sogar als legitim angesehen wurde. Die Aufdeckung war ein großer Erfolg für die demokratischen Kräfte, aber die nachfolgende Justiz und die politische Entwicklung ließen die langfristige Gefahr, die von diesen Netzwerken ausging, lange unterschätzen.

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  • Die neue Feme: Wenn der Untergrund Gericht hält

    Berlin, 2025. Der Fall, der als „Cyber-Lübcke-Mord“ in die Geschichte eingeht, hat die Republik erschüttert. Ein prominenter YouTuber, bekannt für seine regimekritischen und rechtslastigen Kommentare, wird tot in seinem Wohnhaus gefunden. Die Polizei findet eine SD-Karte in der Hand des Opfers. Darauf: ein Video, das den Mann als „Verräter am Widerstand“ anklagt, weil er sich geweigert hatte, in einem von ihm als „gewalttätig“ empfundenen Netzwerk weiter mitzuwirken.

    Die Ermittlungen laufen ins Leere. Bis die eigens geschaffene Sonderkommission unter Leitung des engagierten Polizeipräsidenten Dr. Lena Keller, bekannt für ihr unerbittliches Vorgehen gegen Extremisten, die Puzzleteile zusammenfügt. Die Spur führt zu einem konspirativen Netzwerk, das scheinbar aufgelöst war: die „Reichs-Brigade“, eine lose Gruppe von Reichsbürgern, Ex-Soldaten und AfD-Mitgliedern, die sich unter dem Deckmantel von Chatgruppen und Online-Foren organisiert hatten.

    Es wird schnell klar, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Mindestens fünf weitere Morde, die ursprünglich als ungeklärte Todesfälle oder Unfälle abgetan wurden, können demselben Täterkreis zugeordnet werden. Die Opfer waren alle ehemalige Mitglieder der „Reichs-Brigade“, die als „Verräter“ galten.

    Am 9. September 2025 tritt Polizeipräsidentin Keller vor die Presse. Sie verkündet die Aufdeckung eines weitverzweigten, geheimen Netzwerks, das systematisch Morde an vermeintlichen „Verrätern“ innerhalb der eigenen Reihen verübt. Die Täter, die sich als „Gericht des Volkes“ sahen, luden ihre Opfer unter einem Vorwand in abgelegene Orte und vollstreckten in Scheinprozessen die Todesstrafe. Die Ermittlungen zeigen, dass es eine enge ideologische und personelle Verflechtung zwischen der „Reichs-Brigade“, Teilen der AfD-Jugendorganisation und einem gewaltbereiten Kern der „Querdenker-Szene“ gab. Es werden sogar Verbindungen zu aktiven und ehemaligen Soldaten der Bundeswehr aufgedeckt.

    Die folgenden Gerichtsprozesse spalten das Land. Die Angeklagten werden von der rechten Presse als „politische Gefangene“ und „nationale Helden“ gefeiert, die sich gegen einen „Gesinnungsstaat“ zur Wehr setzen. Die Urteile sind oft milde, die Justiz wirkt überfordert.

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  • Für die Doofen – Gesetz der harten Hand

    Diese Geschichte über das Jahr 2029 ist keine Dystopie, sondern eine fast exakte Spiegelung der Politik von Reichskanzler Heinrich Brüning in den Jahren 1929 bis 1932. Angesichts der Weltwirtschaftskrise setzte Brüning damals auf eine strikte Spar- und Deflationspolitik. Auch er kürzte die Arbeitslosenunterstützung massiv und verschärfte die Bedingungen für den Bezug. Er tat dies ebenfalls mittels Notverordnungen, weil er im Parlament keine Mehrheiten mehr finden konnte.

    Das historische Fazit ist erschütternd: Die Politik der Brünings, die damals als „Hungerpolitik“ kritisiert wurde, trug massiv dazu bei, die demokratischen Institutionen zu delegitimieren und das Vertrauen der Bevölkerung zu zerstören. Sie legte damit den Nährboden für den Aufstieg radikaler und antidemokratischer Parteien wie der NSDAP. Die Argumentation der Machthaber und die Reaktion der Bevölkerung ähneln sich damals wie heute bis ins Detail.

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  • Das Gesetz der harten Hand

    Es war 2029. Die „Große Automation“, ausgelöst durch einen globalen KI-Crash, hatte das Land in eine Rezession gestürzt. Millionen von Arbeitsplätzen waren einfach verschwunden. Der Staat war massiv verschuldet, die Sozialsysteme überlastet. In dieser düsteren Zeit trat die Regierung an, die Krise zu bewältigen.

    Ihr Instrument: das „Zukunfts- und Stabilitätsgesetz“. Es wurde ohne lange Debatten im Parlament, stattdessen mittels einer Notverordnung des Bundespräsidenten, verabschiedet. Die Minister für Finanzen und Arbeit, Stefan S. und Jens L., traten in der Bundespressekonferenz auf, um die Maßnahmen zu rechtfertigen.

    „Es ist eine bittere, aber notwendige Medizin“, erklärte Minister S. mit ernster Miene. „Wir müssen den Staatshaushalt sanieren, um einen Kollaps zu verhindern. Es ist eine Sparpolitik im Interesse der Zukunftsfähigkeit. Wir dürfen nicht auf Kosten der nächsten Generation leben.“

    Die Maßnahmen waren drastisch: Das Bürgergeld wurde um 20 Prozent gekürzt. Die Bezugsdauer wurde von 24 auf 12 Monate halbiert. Für Berufseinsteiger ohne Berufserfahrung wurde die Unterstützung faktisch gestrichen.

    Die Hürden für Leistungsbezieher wurden massiv verschärft.

    Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Die Gewerkschaften protestierten lautstark. In den Medien wurde die Politik als „Politik der harten Hand“ verurteilt. „Eine Schande für unser soziales Gewissen“, titelte ein linkes Blatt. „Diese Regierung opfert die Menschen, um Bilanzen zu retten“, schrieb ein anderer Kommentator.

    Auf der Straße herrschte Wut. Die soziale Not wuchs ins Unermessliche, und viele Menschen, die zuvor in prekären Teilzeitjobs gearbeitet hatten, wurden jetzt in die immer karger werdende Wohlfahrt abgeschoben. Die anfängliche Hoffnung auf die Politik schlug um in Enttäuschung, Verachtung und Wut. In den Talkshows und an den Stammtischen verbreitete sich ein Gefühl der Ohnmacht.

    Die Politik der Mitte verlor jeglichen Rückhalt. Die Menschen wandten sich von ihr ab. In den Umfragen gewannen radikale Parteien am linken und rechten Rand rasant an Zustimmung. Bei jeder Kundgebung spürte man die wachsende Verzweiflung, die sich Bahn brach. Die Demokratie, so klagte man auf den Straßen, habe den Menschen nichts mehr zu bieten.


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  • Für die Doofen – Elara

    Der Fall der jungen Sängerin Elara im Jahr 2029 ist eine beinahe wortwörtliche Wiederholung eines Skandals aus der Weimarer Republik. Im Jahr 1929 erteilte die Münchner Polizeidirektion der berühmten Künstlerin Josephine Baker ein Auftrittsverbot. Grund: „eine Verletzung des öffentlichen Anstandes und damit der öffentlichen Ordnung“.

    Baker, damals 23 Jahre alt, war in den 1920er Jahren als schwarze Tänzerin mit provokanten Kostümen und ihrer unkonventionellen Bühnenshow in ganz Europa ein Star. Auch sie sollte im Deutschen Theater auftreten. Doch die Stadt, die damals unter dem Einfluss von völkischen Gruppen und der gerade erstarkenden NSDAP stand, verbot die Auftritte. Die internationale Presse machte sich über München lustig und nannte es „Bauern-Athen“, genau wie heute in der Geschichte über Elara. Die Argumente gegen Josephine Baker waren eine Mischung aus Rassismus, Puritanismus und kulturkonservativer Angst vor dem Neuen – exakt die gleichen Argumente, die man heute wieder in der Geschichte findet.

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  • Der Fall der Sängerin Elara

    München, April 2029 – Die Stadt ist in Aufruhr. Überall im Netz wird diskutiert, auf Instagram und TikTok kochen die Emotionen hoch. Im Zentrum des Sturms steht die junge Künstlerin Elara, geboren 2006, eine aufstrebende Pop- und Elektro-Sängerin. Sie hat eine ganze Generation von jungen Fans hinter sich, die ihre Botschaften von Toleranz, Diversität und Körperpositivität feiern. Doch die Stadt sieht das anders.

    Elara sollte in den kommenden Wochen fünf Konzerte im Deutschen Theater geben, um ihr neues Album vorzustellen. Die Plakate sind längst gedruckt, die Tickets ausverkauft. Doch in den sozialen Medien formiert sich Widerstand. Konservative und religiöse Gruppen beschweren sich über Elaras provokante Outfits und die „queeren und genderfluiden Botschaften“ in ihrer Musik.

    Ein Sprecher der „Vaterländischen Verbände der bürgerlichen Mitte“ erklärt auf X (ehemals Twitter): „Die Texte und die Bühnenshow dieser Frau sind eine Verletzung des öffentlichen Anstandes. Wir werden nicht zulassen, dass unsere Stadt mit solchen fragwürdigen Ideologien überflutet wird.“

    Tatsächlich reagiert die Stadtregierung prompt. Die Münchner Sicherheitsbehörden erteilen kurz vor dem geplanten Konzert das Auftrittsverbot. Die offizielle Begründung lautet: „Aufgrund des zu erwartenden Inhalts der Performance ist eine Verletzung des öffentlichen Anstandes und damit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu erwarten.“

    Das Medien-Echo ist gespalten. Während rechte Portale das Verbot als „Sieg für die Moral“ feiern, empören sich liberale Zeitungen über „München als die dümmste Stadt Deutschlands“. Die Berliner Medien spotten über das, was sie als den „neuen Bauern-Athen“ bezeichnen. Elaras Agentin protestiert vehement, aber ohne Erfolg.


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  • Für die Doofen – Diesel Dieter


    Die Fahrt des „Eisernen Gustavs“ von Berlin nach Paris, mit 1.250 Kilometern in nur 56 Stunden und 30 Minuten, war eine moderne Neuauflage einer wahren Begebenheit. Denn die Fahrt der Droschke von Berlin nach Paris im Jahr 1891 mit dem Fuhrmann Gustav, der mit 1.200 Kilometern in 56 Stunden unterwegs war, war tatsächlich die erste Fahrt überhaupt von Berlin nach Paris.

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