Die funktionale Entkopplung

Das Kapital der Reichen ist nicht nur anders strukturiert, es ist funktional entkoppelt von der Logik des Sparbuchs.

• Kapitalerträge statt Zinsen: Der Vermögende lebt nicht von Zinsen auf Geld, sondern von Erträgen, die der Besitz selbst generiert: Dividenden, Mieten, Pachten. Diese Ströme sind unabhängig vom Leitzins.

• Inflation als Multiplikator: Für den Sachwerteigentümer ist Inflation keine Bedrohung, sondern ein Faktor, der die Preise seiner Assets tendenziell mitzieht. Sein Vermögen ist nicht ein Betrag, der schrumpft, sondern ein Ökosystem, das wächst.

III. Die kategoriale Differenz der Immunität

Die Unterscheidung ist letztlich eine der systemischen Verwundbarkeit:

• Der Sparer im Eimer: Sein Besitz ist eine statische Zahl auf einem Konto. Die Inflation lässt dieses Nominalvolumen unverändert, entleert aber stetig seinen realen Wert.

• Der Superreiche im Flusssystem: Sein Vermögen ist ein dynamisches, global vernetztes System aus Sachwerten. Geht in einem Teilbereich Wert verloren, fließt er an anderer Stelle nach. Sein Kapital ist strukturell immunisiert.

Die zwei Welten des Besitzes

Die Klage über niedrige Zinsen bei hoher Inflation beschreibt präzise die Lage des Kleinanlegers, verfehlt aber völlig die Realität des Superreichen. Für ihn ist das Sparbuch ein irrelevantes Anhängsel.

Die entscheidende kategoriale Differenz liegt also in der Immunisierung. Die Setzung von Reichtum in Sachwerten und globalen Netzwerken schafft eine eigene, stabile ökonomische Realität, die von den Verwerfungen, unter denen die breite Masse leidet, weitgehend unberührt bleibt. Es gibt nicht eine Wirtschaft, sondern zwei: eine der Geldwerte und eine der Sachwerte – und nur eine von beiden ist gegen den Wertverfall gefeit.

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