Das europäische Lehnswesen baute auf dieser Abstraktion auf und schuf eine kaskadenartige Machtpyramide.
- Dominium Directum vs. Utile: Das Land wurde juristisch gespalten. Der König hielt das Dominium Directum (das Obereigentum), während Vasallen das Dominium Utile (Nutzungseigentum) erhielten.
- Die Zementierung der Macht: Es entstand ein mehrstufiges, erbliches System, das die Kontrolle über Ressourcen in den Händen weniger Dynastien konzentrierte und rechtlich festschrieb. Reichtum basierte hier nicht auf ökonomischer Produktivität, sondern auf einem durch Herkunft und Recht legitimierten Anspruch.
Die gewalttätige Geometrie des Landes: Kolonialismus
Die globale Ausweitung dieses Prinzips im Kolonialismus etablierte die moderne Ungleichheit durch systematische Enteignung.
- Terra Nullius: Europäische Mächte deklarierten Land, das von indigenen Völkern genutzt wurde, als „herrenlos“ und übertrugen ihr abstraktes Eigentumsrecht gewaltsam darauf. Gemeinschaftliche Nutzungsrechte wurden null und nichtig.
- Der Urknall des globalen Reichtums: Diese gewaltsame Aneignung und anschließende juristische Parzellierung schuf das fundamentale Startkapital für westliche Dynastien und die spätere industrielle Revolution. Der globale Norden baute seinen Wohlstand auf einem rechtlich konstruierten und militärisch durchgesetzten Landraub auf.
Der systemische Vorteil
Der heutige Reichtum ist in seiner Struktur ein Erbe dieser juristischen Revolutionen. Die kategoriale Differenz zwischen dem, der arbeitet, und dem, der besitzt, wird durch die Dauerhaftigkeit des Eigentumsrechts abgesichert. Wer heute über Kapitalvermögen verfügt, profitiert nicht einfach von individueller oder ancestraler Leistung, sondern von einem systemischen Vorteil: einem historisch gewachsenen Rechtsregime, das die Akkumulation und Weitergabe von Macht und Ressourcen über Generationen hinweg ermöglicht und die einmal geschaffenen Zugänge zementiert hat.
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