Als ich vom Internat auf das Gymnasium in Freising wechselte, bekam ich den Spitznamen Conan. Conan – nicht wegen Kraft, nicht wegen Muskeln, nicht wegen Mut. Es lief gerade Conan der Barbar mit Arnold Schwarzenegger im Kino. Ich hieß auch Arnold. Das reichte schon.
Ich bekam das erst gar nicht mit. Und als ich es mitbekam, fühlte es sich falsch an. Denn nichts – aber auch gar nichts – an mir war Conan.
Mein Selbstbewusstsein lag am Boden, gescheitert an mir selbst, an der Welt, an dem Gefühl, nicht richtig zu sein. Meine Schulkarriere war ein Trümmerfeld.
Die erste Umschulung kam schon in der ersten Klasse. Ein Psychologe stufte mich zurück. Sein Urteil: zu verspielt. Nicht schulreif.
Was bei ihm eine Einschätzung war, war bei mir ein Stempel: Du bist dumm.
Ich trug ihn wie ein Mal tief in mir. Noch Jahrzehnte später spürte ich ihn, wenn ich etwas nicht gleich verstand.
Meine zweite Umschulung – von der sechsten zurück in die siebte. Eine Konstante war das nicht. Und gerade das hätte ich gebraucht.
Wenn der Geist springt, braucht die Seele Halt. Wenn dein Inneres zu laut denkt, muss das Außen still und stabil sein. Aber das war es nie.
Vielleicht deshalb steht auch heute noch ein Riss zwischen mir und meiner Mutter. Sie ist stark. Leistungsstark. Und in vielem erfolgreich. Aber ich kann mich nicht erinnern, wann sie mich je gehalten hat.
Ich war ein zorniges Kind. Nicht bösartig – nur überfordert mit sich. Und keiner fing diesen Zorn auf.
Die Hänseleien in der Grundschule – „Brillenschlange!“ – waren nicht das Problem. Aber sie waren der Tropfen, der immer wieder fiel auf eine Seele, die längst verletzt war.
Ich sehe es heute als die Rache der Mittelmäßigkeit. Aber damals war es einfach nur Schmerz.
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