Ich habe Texte geschrieben, die nie jemand gelesen hat.
Nicht, weil sie schlecht waren. Sondern weil sie nicht ins Timing passten. Nicht in die Inbox. Nicht ins Interesse. Nicht in den Moment, in dem jemand bereit gewesen wäre, sie wirklich zu lesen.
Ich habe Briefe geschrieben, in denen ich mich geöffnet habe – zu viel, zu echt, zu ungeschützt. Und ich habe sie abgeschickt. Absenden gedrückt. Und dann: nichts. Kein „Danke für deine Worte“. Kein „Ich melde mich bald“. Nur Schweigen. Manchmal digital, manchmal menschlich. Aber immer endgültig.
Es ist ein seltsames Gefühl, sich mitzuteilen – und im Nichts zu landen. Nicht einmal ein Echo. Nur Leere.
Ich habe Geschichten erzählt, in denen Menschen vorkamen, die noch lebten. Und die sie vielleicht irgendwann hätten lesen sollen. Als Angebot. Als Versuch der Brücke. Aber ich wusste schon beim Schreiben: Sie werden es nicht tun. Sie werden es nicht lesen. Und wenn doch, dann werden sie es nicht erkennen. Nicht sich. Nicht mich.
Ich habe Reden gehalten, bei denen ich spürte: Das ist gerade wichtig. Das ist gerade größer als ich. Und dann wurde nicht ich zitiert, sondern jemand, der lauter war. Oder schöner. Oder bekannter. Oder politisch anschlussfähiger.
Ich habe Inhalte geschrieben, die später von anderen geklaut wurden. Nicht wörtlich. Aber in der Idee. In der Haltung. Im Impuls. Und ich konnte nichts tun, außer zusehen, wie jemand Applaus bekam für etwas, das ich mir aus der Seele geschnitten hatte.
Es gibt Sätze, für die man Jahre braucht. Und dann verschwinden sie im Scrollen.
Ich weiß, dass ich gelesen werde. Aber ich weiß auch, dass ich oft nicht verstanden werde. Weil ich nicht schreibe, um zu gefallen. Sondern um zu überleben.
Manche schreiben Tagebuch. Ich schreibe Kieselsteine.
Und manchmal werden sie gelesen.
Aber meistens: nicht.
Ich habe geschrieben.
Mit Herz. Mit Hirn.
Mit allem, was ich hatte.
Und niemand hat geantwortet.
Nicht, weil es schlecht war.
Sondern weil es nicht passte.
Nicht in den Moment,
nicht in das Interesse,
nicht in die Inbox.
Ich habe mich geöffnet –
zu früh, zu nackt, zu ehrlich.
Ich habe Briefe geschrieben,
auf „Senden“ gedrückt
und auf nichts gewartet –
außer dem Schweigen.
Ich schrieb, als wäre Zuhören noch möglich.
War es nicht.
Manche meiner Sätze
sind verschwunden im Scrollen.
Andere wurden kopiert.
Nicht wörtlich –
aber in Haltung, Impuls, Idee.
Und plötzlich war es nicht mehr meins.
Nur noch: applausfähig.
Ich habe einmal Geschichten verbrannt.
Wirklich verbrannt.
In der Toilettenschüssel,
schwarzer Rauch aus dem Fenster.
Nicht aus Trotz.
Aus Schmerz.
Die Ablehnung war älter als die Worte.
Ich war das Kind,
das durch Null teilen wollte
und nicht verstand,
warum das verboten war.
Das Kind,
das Fragen stellte,
die Erwachsene irritierten.
Ein Mathematiklehrer antwortete mit Gegenfragen.
Ein Philosoph fragte:
„Weißt du, was Wert ist?“
Ich sagte nein.
Er wandte sich ab.
Ich hätte ja sagen sollen.
Vielleicht hat er es trotzdem gewusst.
Ich habe nie die Anerkennung bekommen,
aber oft die Idee geliefert.
Nie das Zitat,
aber den Anstoß.
Ich wollte geliebt werden.
Aber ich war zu unbequem,
zu früh,
zu scharf,
zu wahr.
Ich bin ungelesen.
Ich bin unerhört.
Aber ich schreibe.
Weil ich muss.
Weil ich überleben will.
Weil Kieselsteine
nicht schreien,
aber klingen –
wenn man sie hört.
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