Für die Doofen – Märtyrer

Dieses Vorgehen ist eine direkte Parallele zur Strategie der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik, die ebenfalls verstanden, wie sie die Medien für ihre Zwecke instrumentalisieren konnten, ohne direkte Propaganda zu betreiben.

1. Das Boulevardprinzip: Die NSDAP erregte mit ihrer Brutalität und ihren Skandalen die Aufmerksamkeit der Medien, die auf Sensationen setzten. Obwohl die Zeitungen nicht unbedingt NS-freundlich waren, berichteten sie über die Schlägereien und Aufmärsche, da sie sich gut verkauften. Die Medien wurden zum unfreiwilligen Megafon der NS-Bewegung.

2. Die Logik des Opfers: Die NSDAP verstand es meisterhaft, sich selbst als Opfer der Linken oder der Republik zu inszenieren. Jeder Tote in den eigenen Reihen wurde zum Märtyrer erklärt, der für eine „höhere Sache“ gestorben sei. Die bürgerlichen Medien, die diese Geschichten aufgriffen, lieferten den Nazis damit die perfekte „Integrationspropaganda“, die das Gefühl einer belagerten Gemeinschaft stärkte.

3. Das Fehlen einer Gegenerzählung: So wie die anderen Parteien bei der Kommunalwahl nicht über die Todesfälle berichteten, versäumten es auch die demokratischen Parteien der Weimarer Republik, eine starke Gegenerzählung zu schaffen. Sie reagierten auf die Provokationen der Nazis, anstatt eine eigene Agenda zu setzen. Die Nationalsozialisten mussten nur ein Narrativ schaffen, das aufgrund seiner emotionalen Ladung von den Medien aufgegriffen wurde. Der Rest der Arbeit wurde von ihren politischen Gegnern erledigt. Das Muster, wie mediale Aufmerksamkeit zu politischem Kapital wird, hat sich kaum verändert.

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