Kapitel 48: Von Punkten zu Piraten

Vier Jahre hatten sie gebettelt,
hin und her argumentiert,
überlegt, gezögert, gehofft:
„Mach doch das mit der Doppelmitgliedschaft.“

Aber ich war Liberaler.
Nicht aus Kalkül, sondern aus Überzeugung.
Gründungsmitglied der Jungen Liberalen,
getränkt in den Gedanken der Freiburger Thesen
einem Text, den ich nicht nur las,
sondern verschlang wie eine politische Offenbarung.

Diese FDP,
die mit Punkten schrieb –
F.D.P. –
war einst ein Sammelbecken für kluge,
faktenorientierte,
liberal-humanistische Geister.
Juristen, Ingenieure, Wissenschaftler.
Leute, die wussten,
dass Freiheit mehr ist als ein Schlagwort.

Bürokratieabbau war kein neoliberal getrimmtes Mantra,
sondern ein humanistisches Anliegen:
Den Menschen von der Macht der Formulare befreien.
Das war mein Liberalismus.

Doch die Partei veränderte sich.
Langsam, schleichend –
bis sie nicht mehr meine war.

Die F.D.P. wurde zur FDP.
Aus Punkten wurden Logos.
Aus Haltung wurde Markt.
Und als sie dann wieder in die Regierung kamen –
hoffte ich.
Nur um zu sehen,
wie sie eine Hotellobbysteuer einführten –
und mit ihr neue Bürokratieberge.
Windkraftanlagen,
die früher mit einem Aktenordner genehmigt wurden,
brauchten jetzt Wandschränke voller Papier.

Da wusste ich:
Es reicht.
Meine Partei ist nicht mehr meine.

Diejenigen,
die vier Jahre lang leise
an meiner Geduld genagt hatten,
konnten jetzt grinsen.
„Jetzt bist du also Vollpirat“, sagten sie.

Ja.
Ich trat aus.
Und trat bei.
Klarmachen zum Ändern.

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