Sie hat nie „Heil Hitler“ gesagt.
Sondern „Grüß Gott.“
Damals, als man dafür den Mut
einer ganzen Generation brauchte.
Gertrud Schiller, geboren 1905 in Beerbach,
Tochter eines evangelischen Pfarrers.
Später Pflegetochter der Kunstgeschichte.
Nie durfte sie ein Abitur machen.
Frauen war das Gymnasium verwehrt.
Aber sie lernte –
überall, wo man sie ließ.
Im Krankenhaus als Pflegerin,
in Frankfurt als Sozialpädagogin,
später in Hamburg für die Kirche,
wo sie als Beamtin arbeitete
und sich mit Kunst beschäftigte,
als wäre das schon immer ihr Beruf gewesen.
In den Dreißigern begann sie,
„Bilder zur Bibel“ zu sammeln.
Nicht als Deko.
Sondern als Sprache.
Die Kunst war für sie eine Theologie
ohne Kanzel.
Ein Tor zur Andacht,
ohne einen Satz zu sagen.
Nach dem Krieg wurde sie Leiterin
des Kirchlichen Kunstdienstes in Hamburg.
Sie förderte junge Künstler und Theologen,
gründete eine ikonografische Bibliothek,
unterrichtete,
forschte,
veröffentlichte.
Und begann ihr großes Werk –
nach der Pensionierung.
„Ikonographie der christlichen Kunst“
wurde ihr Lebenswerk.
Fünf Bände in sieben Teilen.
Entstanden nicht im Elfenbeinturm,
sondern auf einem langen, zähen Weg
durch Kriege, Bombennächte, Frauenfeindlichkeit
und den alltäglichen Widerstand gegen das Vergessen.
Sie war keine promovierte Professorin.
Aber 1979 wurde ihr ein Ehrendoktor verliehen.
Weil sie es sich verdient hatte.
Ohne Titel.
Nur mit Haltung.
Als sie 1994 starb,
war sie 89 Jahre alt.
Und viele wussten nicht,
was sie dieser Frau zu verdanken haben.
Einmal, in einem englischen Wikipedia-Artikel,
wurde sie „Mr. G. Schiller“ genannt.
Man hatte sie einfach
für einen Mann gehalten.
Ich habe diesen Fehler korrigiert.
Denn sie war nicht irgendwer.
Sie war meine Großtante.
Die Aufrechte in einer zerrissenen Familie.
Eine, die nicht mitlief.
Und darum stehen blieb –
im Gedächtnis derer,
die es heute besser wissen wollen.
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