Erich Fromm unterscheidet zwischen Haben und Sein.
Für mich ist das kein Werturteil. Es ist Beobachtung.
Ohne Wert haben wir kein Maß. Ohne Maß haben wir keinen Wert.
Haben und Sein wirken wie Gegensätze – und doch sind sie untrennbar.
Das Haben gleicht der Quantität, das Sein der Qualität.
Wer nur hat, ohne zu sein, verpasst die Dimension der Welt.
Wer nur ist, ohne zu haben, bleibt untauglich für die Realität.
Selbst das Nichtsein ist ein Sein in dieser Welt.
Selbst das Nichthaben ist Bedingung dafür, etwas zu haben.
Ein Vitamin-C-Mangel zeigt es: das Sein des Vitamins ist Voraussetzung, um den Mangel zu erkennen.
Die Quantität Null existiert nicht ohne die Qualität des Seins.
Und jede Qualität ist untrennbar mit einer Quantität verbunden – selbst wenn sie minimal, selbst wenn sie „nichtig“ erscheint.
Unsere Gedanken gehören dieser Welt.
Unsere Vorstellungen vom Urknall, von der Vorwelt, von der Nachwelt – sie sind Gedanken innerhalb der Welt, nicht außerhalb.
Wir können die Welt nicht überschreiten.
Wir können sie nur beschreiben – und die Beschreibung ist Teil derselben Welt.
Doch in der Gesellschaft des „Habens“ wird das Sein vergessen.
Buchhaltung kennt Quantität, Börsenkurse kennen Zahlen.
Aber die Würde des Menschen? Die Qualität des Lebens? Das Messen von Arten, die Vernichtung von Lebensräumen?
All das bleibt unsichtbar, weil es in der Quantität keinen Platz hat.
Ohne Maß haben wir keinen Wert.
Eine Quantität ist ohne Qualität nicht bestimmbar.
Haben ist ohne Sein nichts.
Und wer sich nur an Zahlen orientiert, wer nur „hat“, vergisst:
Der wahre Wert liegt im Sein.
Schreibe einen Kommentar