Kapitel 93: Schatten einer Erinnerung

Vielleicht war es Branson.
Vielleicht auch nicht.

Ich erinnere mich an eine Geschichte, die ich in den 90ern gelesen habe.
Vor-Internet.
Vor-Suchmaschine.
Damals, als Wissen noch aus Papier kam und man sich auf sein Gedächtnis verlassen musste.

Ein britischer Multimillionär – ich meine, es war Richard Branson – soll in seiner Jugend in Deutschland kurz obdachlos gewesen sein.
Vielleicht München, vielleicht Bayern.
Ein paar Wochen nur.
Ein Zwischenspiel, das nicht ins Hochglanzleben passte.

Heute finde ich dazu nichts mehr.
Vielleicht gelöscht.
Vielleicht nie geschrieben.
Vielleicht nur eine Randnotiz, die man später lieber verschwinden ließ.

Aber in mir blieb sie hängen.
Wie ein Kieselstein im Schuh.
Klein, aber schmerzhaft.
Weil sie mir zeigte: Selbst die, die heute auf Bühnen stehen und Privatinseln besitzen, kannten das Nichts.

Ob es stimmt, weiß ich nicht.
Aber die Möglichkeit allein reicht.
Denn sie verbindet.
Sie sagt: Zwischen Sein und Nichts gibt es keinen unüberbrückbaren Graben.
Manchmal ist es nur eine Bank am Bahnhof, ein kalter Morgen, ein verpasster Anschluss.

Und das reicht, um zu verstehen:
Wir sind alle verletzlich.
Wir sind alle Menschen.

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