Ihr Alltag ist bewusst unauffällig – sie studieren neben Kommilitonen, arbeiten in unscheinbaren Büros oder wohnen in bürgerlichen Vierteln. Ihre wirtschaftliche Macht jedoch ist allgegenwärtig. Sie partizipieren an Vermögen, die vor 100 bis 150 Jahren aufgebaut wurden, verwaltet durch ein undurchdringliches Geflecht aus:
• Familienstiftungen, die Ausschüttungen diskret an Hunderte von Familienmitgliedern verteilen.
• Holdings und GmbH & Co. KGs, die Unternehmensanteile halten und die Namen der eigentlichen Profiteure verschleiern.
• Family Offices, die Investments in Immobilien, Unternehmen und Kunst organisieren und steuern.
Die Disziplin des Schweigens
Die Unsichtbarkeit dieser Gruppe ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer strengen internen Logik. Wer zu viel über die internen Vermögensflüsse spricht, riskiert den Ausschluss aus der Familie. Diese kulturelle Disziplin, kombiniert mit der Illiquidität vieler Vermögenswerte (Wälder, Kunst, historische Immobilien), macht sie für die Statistik und die öffentliche Debatte nahezu unangreifbar.
Fallbeispiel: Das Siemens-Universum
Die Siemens-Familie ist ein Musterbeispiel. Über die Werner Siemens-Stiftung wird das Vermögen von über 300 Nachfahren verwaltet. Während mit Nathalie von Siemens ein einziges Familienmitglied öffentlich sichtbar ist, agiert der Großteil der Familie im Verborgenen, profitiert aber weiterhin über Beteiligungen und die machtvolle, aber diskret agierende Siemens Bank GmbH.
Die stille Kontinuität der Macht
Hier zeigt sich die zweite Ebene der kategorialen Differenz in Reinform: Es ist der Unterschied zwischen ökonomischer Handlungsmacht und sozialer Sichtbarkeit. Die wirklich mächtigen Erben Deutschlands müssen nicht sichtbar sein, um zu handeln. Ihre Entscheidungen wirken direkt auf Wirtschaft und Kapitalflüsse – eine stille, generationenübergreifende Kontinuität der Macht, die parallel zur lauten Öffentlichkeit existiert.
Schreibe einen Kommentar