Kapitel 23 – Kein Name, kein Netzwerk

Ich war nie gut im Netzwerken. Vielleicht war ich zu direkt. Vielleicht zu ehrlich. Vielleicht schlicht zu ungeschickt.
Der Parteitag in Starnberg – FDP – Leutheuser-Schnarrenberger brachte einen Antrag ein, der, sagen wir, nicht gut war.
Ich hatte eine Gegenidee. Besser. Klarer. Aber sie kam zu spät.

Ich trat ans Mikro, sagte meine Gedanken, zeigte, wie man es besser machen könnte – die Reaktion war:
„Warum hast du das nicht früher gesagt?“

Ich war halt jung. Dachte, es geht um Argumente.
Nicht um Absprachen im Vorfeld, nicht um Strippenziehen.
Ein dummer junger Liberaler eben.
Einer, der das Spiel nicht kannte, aber glaubte, es spielen zu können.

Dann war da diese Nacht in der Schellingstraße.
Ein Rumäne hatte Material aus Jugoslawien rausgeschmuggelt.
Bilder.
Nicht einfach Bilder.
Folter. Massenmord. Grausamkeit, die im Magen liegt wie ein Stein.
Wir saßen in einer Landesgeschäftsstelle, diskutierten:
Was tun?
Zur Polizei? Zur Zeitung? Verschwinden lassen?

Tele 5 war in derselben Straße.
Wir gingen hin. Übergaben das Material.

Ein Teil wurde gesendet.
Nicht alles.
Der grausamste Teil wurde nie öffentlich.

Was blieb? Kein Name.
Wieder kein Name.

Weil ich mich nicht vordränge.
Weil ich nicht die Ellbogen ausfahre.
Weil ich dachte, es reicht, das Richtige zu tun.

Aber Politik, Medien, Öffentlichkeit – das sind keine Orte, wo das Richtige automatisch das Sichtbare wird.

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