Kapitel 29 – Wache schieben: Zwischen Blaulicht und G3

Nachtwachen ähneln sich.
Ob du nun in der Rettungswache auf dem Klappbett liegst
oder draußen an der Kasernenmauer mit dem G3 auf Patrouille gehst –
wenn nichts passiert,
passiert eben nichts.

Im Rettungsdienst ist die Nacht voller Möglichkeiten:
Ein Anruf, ein Notfall, ein Unfall.
Oder eben: Stille.

Du sitzt,
spielst Karten,
ratscht,
döst,
hast das Funkgerät im Blick.
Und du weißt:
Es kann jeden Moment losgehen.
Oder auch nicht.

In der HAWK-Staffel der Bundeswehr war das anders –
gleichförmiger.
Eintöniger.
Und, ja: sinnloser.

Patrouille im Kreis,
mit scharfer Patrone im Lauf,
am Zaun entlang,
wo ein Schild hängt:
„Betreten verboten – hier wird scharf geschossen.“
Ein Satz, der auf der Rettungswache niemanden beunruhigt hätte,
aber im militärischen Alltag das letzte bisschen Ernsthaftigkeit versprühte.
Trotzdem:
Es passierte nie etwas.

Wer bei der Bundeswehr in ein Gelände einbricht,
muss entweder verwirrt oder lebensmüde sein –
und das wusste auch jeder,
der da draußen Wache stand.

Nur einmal kam ein NATO-Checker
quasi die oberste Gefahr in ruhigen Nächten.
Jemand, der prüft, ob der Dienst ernst genommen wird,
ob du im Regen stehst oder im Jeep pennst.
Einmal.
In Monaten.

Ansonsten:
Warten.
Frieren.
Rauchen.
Mit dem Gewehr über der Schulter
und der Frage im Kopf:
„Würde ich wirklich abdrücken, wenn jemand kommt?“

In der Rettungswache hingegen:
Unbewaffnet.
Aber trotzdem näher am Leben.
Dort hat das Warten einen Sinn –
denn wenn der Alarm losgeht,
geht es um Minuten,
um Menschen.
Nicht um Parolen.

Vielleicht ist das die größte Erkenntnis aus beiden Wachen:
Dass man in der einen nur den Zaun bewacht
und in der anderen das Leben.

Beide Male sitzt du nachts da,
und nichts passiert.
Aber wenn doch,
macht es einen Unterschied,
ob du Feuerwehrstiefel anziehst
oder in Stellung gehst mit dem Finger am Abzug.

Am Ende ist das Wacheste
nicht der Körper,
sondern die Frage:
Wofür sitze ich hier eigentlich?

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