Meine Frau war die mit dem Abschluss.
Ich war der mit dem ISBN.
Summa cum laude, Masterarbeit.
Ich war stolz wie sonstwas.
Und wollte sie als Buch verlegen.
Am Ende blieben ein paar Belegexemplare
und die ISBN-Nummer auf dem Küchentisch.
Ich wusste damals nicht,
dass das schon mehr war, als viele je schaffen.
Später kam ihre Doktorarbeit.
Wieder großartig.
Wieder viel Arbeit, Diskussion,
viel Tee und Nachdenken,
und das leise Wissen:
Ich bin Teil davon.
Auch wenn mein Name nirgends steht.
Im 19. Jahrhundert wäre ich jetzt
Frau Doktor.
So läuft das Spiel.
In die andere Richtung natürlich nicht.
Ich konnte nie studieren,
kein Abitur, kein Zugang.
Aber ich habe immer bei jemandem
mitstudiert.
Beim Schulfreund in BWL.
Bei meiner Frau in Soziologie.
Ich kann kein Russisch,
aber diskutierte auf Englisch
mit Dr. Michail Bezrodnyj,
ihrem Professor.
Wir lachten viel.
Ich hatte um die Jahrtausendwende
die leise Vorstellung:
Sie wird Professorin.
Und ich geh mit,
wohin auch immer.
In ein anderes Land,
in eine andere Sprache,
in ein anderes Leben.
Stattdessen blieben wir in München.
Statt Professur –
überraschend
ein Kind.
Der große Traum
kam durch die Hintertür.
Ich war nie eingeschrieben,
doch ich habe gelernt:
Der Kopf braucht Futter,
aber das Herz auch.
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