Mozart starb verschuldet, seine Musik hallt trotzdem.
Van Gogh malte die Sterne, obwohl niemand seine Bilder kaufte.
Kafka schrieb nachts, während tagsüber Bürokratie ihn erstickte.
Frida Kahlo kämpfte, taub von Schmerz und Armut, und malte ihre Welt.
Beethoven, taub und gequält, schrieb die Neunte.
Jede dieser Stimmen war ein Kieselstein in meiner Hand.
Ich ließ sie rollen: durch Social Media, durch die Zeit, durch mich.
Jeder Post: ein Echo, ein Funke, ein Aufschrei gegen Gleichgültigkeit.
Dann kamen die Verfolgten:
Anne Frank schrieb im Versteck, Paul Celan in der Trauer, Wolfgang Borchert im Hunger.
Sophie Scholl, Georg Heym, Else Lasker-Schüler, Erich Mühsam, Kurt Tucholsky –
Zerstörte Leben, die uns Geschichten, Gedichte, Ideen vorenthielten.
Wieviel Kultur stirbt, weil Menschen zu früh verstummen?
Und die Autokraten:
Anna Politkowskaja, Boris Nemzow, Sergej Magnitskij, Natalja Estemirowa.
Osip Mandelstam, Isaak Babel, Wassili Grossman, Lew Kopelew.
Wolf Biermann, Jürgen Fuchs, Robert Havemann, Christa Wolf.
Ihre Worte, ihre Werke, ihre Visionen –
gefangen, unterdrückt, vernichtet.
Die Rebellen dann:
Gandhi, aus dem Zug geworfen.
Rosa Parks, die den Sitz nicht räumte.
Mandela, 27 Jahre hinter Gittern.
Martin Luther King, Sophie Scholl, Emiliano Zapata, Patrice Lumumba.
Che Guevara, Berta Cáceres, Malala Yousafzai, Jan Palach, Vaclav Havel.
Jeder ein Kieselstein, der Funken schlägt, der auf Wellen tanzt,
obwohl die Welt ihm Hindernisse setzt.
Ich stellte die Posts online.
Die meisten ungelesen.
Ungelesen und unerhört, wie so viele Geschichten davor.
Und doch:
Die Kieselsteine liegen da.
Still, schwer, hart.
Sie erinnern mich daran, warum ich schreibe.
Nicht für den Applaus.
Nicht für die Sichtbarkeit.
Sondern um zu sehen.
Um zu zählen.
Um das zu bewahren, was sonst verloren wäre.
Ich sammelte weiter Kieselsteine.
Und während sie leise rollen, spüre ich:
Manchmal reicht ein kleiner Stein, um eine Lawine anzustoßen.
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