von Arnold Schiller (oder: jemand, den niemand googeln kann)
Ich habe kein chronologisches Leben. Ich habe ein Leben wie ein Haufen Kiesel in einer Hosentasche. Manche glatt, manche scharfkantig, manche vergessen – bis man wieder hineingreift und sich sticht.
Was ich hier aufschreibe, ist keine Beichte und kein Bewerbungsschreiben. Es ist Erinnerung, Stückwerk, vielleicht irgendwann ein Puzzle.
1981. Gasthof. München. 15 Jahre alt.
Ich war noch zu jung. Laut Satzung der Jungen Liberalen hätte ich gar nicht mitgründen dürfen. Ab 16. Aber ich war da, stellte den Einspruch – und seither dürfen 15-Jährige rein. Kein Mensch weiß das mehr. Aber ich.
Ein Mann, der später als Staatssekretär Karriere machte, war ebenfalls anwesend. Ich blieb kein Parteikarrierist. Ich blieb ich.
Berufe wie Leiharbeiter der Realität
Ich war Rettungssanitäter. Zimmerer. Teppichverkäufer. Backwarenverkäufer. Schuhverkäufer. Versicherungsvertreter. Metallarbeiter. Kassierer. IT-Support. Lithograph. Baumarktverkäufer. Callcenteragent, bevor man das so nannte.
Mit 19 baute ich ein Schwimmbad. Einfach so. Ich hatte nicht mal das Wort für das, was ich tue. Ich tat es einfach.
Wahlkämpfer ohne Mandat
Ich war Landtagskandidat. Bezirkstagskandidat. Bundestagskandidat. FDP. Dann Piraten. Immer mit eigenen Ideen, zu früh oder zu unbequem. 2,5 %. Mehr war nicht drin. Dafür hatte ich Programme, Gesetzesvorschläge, Inhalte. Nur keine Lobby.
Demoorganisator mit Fußschweiß
20.000. 40.000 Menschen. „Save your Internet“. Ich stand am Megaphon, während andere später die Schlagzeilen bekamen. Ich war eingeladen zum Zündfunk Netzkongress. Ich durfte sagen, was viele dachten. Aber nicht, was alle hören wollten.
Was bleibt, ist mein Facebook-Admin-Zugang zur Seite, die heute noch unter meiner Fuchtel steht.
Die Kratzer
Einmal brach ich in eine Tankstelle ein. Verführt von einem Kriminellen aus Hamm. Ich klaute nichts. Lief weg, als die Alarmanlage losging.
Aber ja, ich war drin.
Erfolgreicher war ich mit Bierkästen aus dem Pfandlager. Geklaut, Pfand kassiert. Ich war jung. Ich war arm. Ich war wütend.
Heute ist alles verjährt. Ich nicht.
Schatten des Sichtbaren
Ich war Geschäftsstellenleiter der Piraten – aber das findet niemand. Ich war der, der beim Volksbegehren gegen Studiengebühren mit den Listen durch München lief – aber die Freien Wähler standen in der Presse. Ich war überall. Und nirgends.
Ich bin der, von dem keiner weiß, dass er dabei war.
Warum ich das erzähle?
Weil die meisten Leute Helden erwarten oder Schurken. Ich bin keins von beidem.
Ich bin jemand, der gelebt hat. Der mehr erlebt hat, als sich je ordnen lässt.
Und das reicht mir.
[Zum Buch]
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