Man hielt mich oft für einen Studenten.
Lag wohl an der Sprache. Am Auftreten. Am Wissen.
Aber ich hatte nie Abitur.
Nur Leben. Und Verstand.
Damals war ich Kreisvorsitzender der Jungen Liberalen im Landkreis Freising.
Das war keine große Nummer, aber man war eben Teil vom Ganzen.
Die Landesgeschäftsstelle der FDP Bayern war kein fremder Ort für mich. Ich ging dort ein und aus.
Mitdenken, mitreden, mitorganisieren.
Und dann: Der Karton.
Ein ganzer Karton Kondome – mit Parteilogo.
Kein Witz.
HIV war das Thema der Zeit. Aufklärung. Prävention.
Die Julis wollten sichtbar Verantwortung übernehmen.
Also: Kondome mit Botschaft. Politisches Gummi.
Ich nahm den Karton mit. Nach Hause.
Dachte: Klar, das ist für unseren Kreis. Öffentlichkeitsarbeit halt.
Was ich nicht wusste:
Das war die Lieferung für ganz Bayern.
Ich hatte versehentlich die zentrale Lagerstelle leergeräumt.
Und dann passierte, was in der Politik oft passiert:
Ein Versehen wird ein Skandal.
Der Landesvorsitzende schlug Alarm.
„Einbruch in die Geschäftsstelle!“
„Die Kondome wurden gestohlen!“
Die Presse roch Blut.
Schlagzeile:
„Kondom-Diebstahl bei den Julis – Einbruch in FDP-Zentrale?“
Ich rief an. Sofort.
„Die Dinger sind nicht gestohlen. Die sind bei mir. Alles ein Irrtum.“
Die Antwort war eindeutig:
„Halt die Klappe. Der Skandal läuft schon.“
Willkommen in der Politik.
Wahrheit verliert gegen Wirkung.
Fakten gegen Schlagzeilen.
Ich war kein Dieb.
Ich war auch kein Student.
Ich war einfach nur ein politisch engagierter junger Mann –
mit einem Karton Kondome im falschen Ort zur falschen Zeit.
Kein Verbrechen.
Nur ein Fehler.
Aber eben keiner, der noch zählte, wenn die Druckerpresse schon lief.
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