Kapitel 74: Zeugnisland

Deutschland,
du heiliges Zeugnisland.
Du mit deinen Urkunden,
Stempeln, Siegeln,
Klammerheftungen.

Ein Mann,
der die Außenpolitik dieses Landes prägte,
darf hier nicht dozieren –
weil kein Diplom
unter seinem Namen steht.

Ich diskutierte mit einem Wiener Philosophen,
ehemals Seemann,
nun Professor.
In Wien,
nicht hier.

In Deutschland
wäre er nie durch die Tür gekommen.
Nicht ohne Zettel,
nicht ohne Schein.

Man riet mir oft:
Geh doch.
Du passt hier nicht rein.
Und ich dachte oft:
Vielleicht haben sie recht.

Mein Vater ging.
Südfrankreich.
Seine letzten Worte an mich:
„Vergiss Deutschland.“

Ich antwortete:
„Nein.“

Denn meine Sprache ist deutsch.
Verwundet,
verseucht,
verliebt.

Ich sage Führer nicht –
nicht wegen des Wortes,
sondern wegen des Schattens.

Ich liebe Heine,
doch ich höre auch Akif,
und dann wird mir schlecht.

Die Nazis
haben mir meine Sprache
versaut.

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